Es ist Wochenende. Deine Teenies hängen gefühlte 24h pro Tag an ihren digitalen Geräten, bewegen sich nur aus dem Bett, wenn sie Hunger haben – eigentlich würden sie das Essen am liebsten ans Bett serviert erhalten – und ihr Lieblingswort heisst «nein». Das Zimmer verlassen – Fehlanzeige! Nur einen Schritt vor die Haustür wagen – warum denn das? Währenddessen schmeisst du wie wild den Haushalt und wünschst dir Unterstützung.
Ich erlebe immer wieder einmal solche Wochenenden. Und je nachdem, wie es um meine aktuelle Befindlichkeit steht, kann ich besser oder eben weniger gut damit umgehen. Kürzlich war ich deswegen wieder einmal ziemlich frustriert. Alles Reden nützte nichts – die Teenie-Ohren waren auf Durchzug gestellt.
Wie weiter?
Nun war erst einmal tiefes Durchatmen angesagt und der köstliche Duft eines Espressos half mir, meine Gedanken wieder in positive Bahnen zu lenken. Nach dieser kleinen Pause schaffte ich es, meine Kinder zusammenzutrommeln und gemeinsam mit ihnen einen Schlachtplan für das Wochenende auszuarbeiten.
Wir notierten alle unsere Ideen, Wünsche und Aufgaben auf einer Tafel. So wurde für alle sichtbar, wer was zu erledigen hatte oder gerne tun würde. Meine Kinder konnten entdecken, wieviel Arbeit mich erwartete. Gleichzeitig erkannte ich ihre Bedürfnisse und Wünsche.
Wir notierten alle Ideen, ohne sie zu bewerten. Und ohne uns Gedanken zu machen, ob sie durchführbar waren oder nicht. Das Ziel war nicht, alle notierten Punkte umzusetzen. Dies ist aus Zeitgründen oftmals gar nicht möglich. Jede*r konnte die für sich selbst wichtigsten Punkte herauspicken. Die Liste diente lediglich als Verhandlungsbasis.
Ein wundervoller Prozess begann, während dem alle ihren Aufgaben nachgingen, ohne zu Murren. Ich hörte sogar ein «Mami, ich könnte ja für dich den Kompost rausbringen, wenn dir das hilft.». Und wir unternahmen einen kurzen, gemeinsamen Ausflug, auf den sich alle freuten.
Warum dieser Sinneswandel?
Warum ein solcher Sinneswandel von «Ich bleib in meiner Höhle» zu «Ich helfe dir freiwillig»?
Mit dem Notieren all unserer Wünsche, Gedanken und Aufgaben wurden diese für alle fassbar. Dadurch, dass die Kinder ihre eigenen Ideen äussern durften, ohne zu hören «das geht nicht», fühlten sie sich ernst genommen und involviert. Gleichzeitig lernten sie ganz nebenbei, sich in ihre Mitmenschen einzufühlen und Rücksicht zu nehmen auf deren Bedürfnisse.
Spannend finde ich, zu beobachten, wie die Kinder auf mich und mein Verhalten reagieren. Wenn ich mich öffne und bereit bin, mit ihnen zusammen zu arbeiten, sind auch sie eher offen dafür. Wenn ich nicht willens bin, zu verhandeln, ziehen sie sich eher zurück oder suchen die Konfrontation. Deshalb lohnt es sich, genauer hinzuschauen, wenn die Kinder sich in ihre Höhlen zurückziehen. Hat es nur mit ihrem Bedürfnis nach Ruhe und «Chillen» zu tun oder vielleicht doch mit meinem Verhalten ihnen gegenüber?
Mit dem gemeinsamen Brainstorming legen wir das Fundament zu einem potenziell friedlicheren Wochenende.
Und: Dies funktioniert nicht nur mit Teenies, sondern auch mit jüngeren Kindern und sogar mit Erwachsenen... 😉
Was darf - muss - soll sein?
Hier findest du ein paar gedankenanregende Fragen, die dir helfen können, dir klarer darüber zu werden, was du dir von einem Wochenende mit deinen «Höhlenmenschen» erwünschst:
- Müssen wir jedes Wochenende etwas unternehmen?
- Warum möchte ich, dass die Kinder aktiver sind?
- Welche Bedürfnisse oder Befürchtungen stecken hinter meinem Wunsch, sie aus ihrer Höhle zu locken?
- Welches meiner Bedürfnisse ist nicht befriedigt, wenn sie sich zurückziehen?
- Müssen sie immer aktiv sein oder dürfen sie auch einmal einfach nur «chillen»? (Dasselbe gilt übrigens auch für Mütter und Väter…)
- Welche Bedürfnisse stecken hinter ihrem Rückzug in die Höhle?
Vielleicht bist du von diesen Ideen inspiriert und findest noch weitere Punkte, die dich weiterbringen. Und wenn du Fragen zum Thema hast, stehe ich dir selbstverständlich zur Verfügung.
Nun bleibt mir nur noch, dir weiterhin wundervoll sonnige Sommertage und friedliche Wochenenden zu wünschen!
Herzlich,
Carmen
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